Nauryz ist bei den iranischen und türkischen Völkern das Fest der Frühlings-Tagundnachtgleiche. Es ist eines der ältesten Feste, das etwa 5.000 Jahre zurückreicht. Es symbolisiert die Ankunft des Frühlings nach dem astronomischen Sonnenkalender, das Ende eines Jahreszyklus und die Geburt von neuem Leben und neuen Möglichkeiten.
In Kasachstan wird der Feiertag Großer Tag der Nation (Ұлыстиң ұлы күні) genannt. 1991 wurde Nauryz offiziell anerkannt: Der 22. März wurde durch ein Dekret des Präsidenten von Kasachstan zum Nationalfeiertag der Quelle Nauryz Meiram erklärt. Im Jahr 2001 wurde Nauryz als ein staatlicher Feiertag in die Liste der Feiertage der Republik Kasachstan aufgenommen. Seit 2009 sind drei Tage im März in Kasachstan zu Ruhetagen erklärt worden.
Die Wahlen
Am Sonntag (19.3) fanden in Kasachstan vorgezogene Wahlen zu den Majilis (Unterhaus des Parlaments) und den Maslikhats (lokale Vertretungskörperschaften) statt. Alle sieben im Land registrierten politischen Kräfte nahmen an den Parlamentswahlen teil. Die Stimmabgabe endete um 21 Uhr (16 Uhr unserer Zeit). Insgesamt waren mehr als 10.000 Wahllokale im Lande in Betrieb und weitere 77 Wahllokale wurden in 62 Staaten eingerichtet, damit mehr als 12 Millionen Menschen wählen können.
Nach Angaben des Instituts für Eurasische Integration sind sechs Parteien für das Unterhaus wählbar, darunter die regierende Amanat, die 53,46 % der Stimmen erhält. Die Demokratische Partei Ak Zhol kommt auf 7,87 %, die Volkspartei Kasachstans auf 6,25 % und die Demokratische Patriotische Volkspartei Auyl auf 10,52 %. Die All-Nationale Sozialdemokratische Partei erhielt 5,35%. Die Respublica-Partei erreichte 8,9 %.
Neues Kasachstan
Vor nicht allzu langer Zeit schlug die Führung Kasachstans der Bevölkerung ein neues Beziehungssystem vor, genannt “Neues Kasachstan”. Der Hauptunterschied zwischen dem “neuen” und dem “alten” Kasachstan besteht im Bestreben einen offenen Dialog zwischen der Regierung und der Bevölkerung, der Erhöhung der Transparenz der öffentlichen Verwaltung und der Gewährleistung sozialer Gerechtigkeit durch eine ehrliche Umverteilung des Reichtums des Landes zugunsten der Menschen einzuführen.
Im “alten” Kasachstan gab es, offen gesagt, Probleme damit. Im Jahr 2019 kontrollierten nach offiziellen Angaben nur 162 Personen die Hälfte des Reichtums des Landes. Und der größte Teil dieses Reichtums befand sich zu dieser Zeit in Genf, London, New York, Paris und anderen globalen Finanzzentren, über die sich dunkle Wolken zusammenziehen.
Bewusst dieser Tatsache, Präsident Tokajew befahl der Regierung, einen Plan zu entwickeln, um die sich im Ausland ungesetzmäßig befindlichen Vermögenswerte so schnell wie möglich zurückzuholen. Nach verschiedenen Schätzungen, unter anderem auch der internationalen Menschenrechtsorganisation “Tax Justice Network”, der Betrag des aus Kasachstan abgezogenen Kapitals während nur 25 Jahren erreichte 160 Milliarden US-Dollar. Um dieses Geld zurückzuzahlen, setzte Kasachstan eine Sonderkommission für die Rückführung von Kapital aus dem Ausland und die Verstärkung der Maßnahmen ein, um dem Abfluss von Geldern und anderen Aktiven aus dem Land entgegenzuwirken.
Allein innerhalb von 6 Monaten des Jahres 2022 wurden nach offiziellen Angaben rund 1,5 Milliarden US-Dollar nach Kasachstan zurückgeholt. Außerdem wurden 398.000 Hektar Land im Wert von mehr als 15 Millionen US-Dollar zurückgegeben und mehr als 600 Zufahrtsbahngleise, die es ermöglichten. Dies ermöglichte u.a. die Tarife zu senken. Nicht viel, aber besser als nichts.
Die in Kasachstan zurückgezahlten Vermögenswerte sollen zur Finanzierung von Projekten verwendet werden, die darauf abzielen, das Wohlergehen der Menschen zu verbessern. Jetzt gibt es eine aktive Diskussion in der Gesellschaft darüber, wie und wo dieses Geld ausgegeben werden soll. Ob so eine öffentliche Diskussion einen Sinn macht, ist eine andere Frage.
Parallel zur Diskussion befindet sich in der Zwischenzeit die Kommission für die Rückgabe illegal abgehobener und im Ausland untergebrachten Gelder im Epizentrum einer internationalen Konfrontation, und zwar um einen weiteren wichtigen Vermögenswert – die Ressourcen der kasachischen Zweitbank Jysan. Ihre Aktionäre und ihr ehemaliges Management wollen die Aktiva der Bank in ausländische Gerichtsbarkeiten übertragen.
Das Paradoxe an der Sache ist, dass diese Bank nur noch dank der staatlichen finanziellen Unterstützung in Form von Millionen von Dollar im Besitz der kasachischen Steuerzahler existiert. In der Erkenntnis, dass Bankenzusammenbrüche zu sozialen Spannungen führen können, haben die kasachischen Behörden in den letzten Jahren regelmäßig schwache Finanzinstitute, darunter die Jysan Bank, unterstützt. Seit 2017 wurden mehr als 11,5 Milliarden US-Dollar für die Unterstützung von Zweitbanken in Kasachstan ausgegeben. Davon gingen mehr als 3 Milliarden US-Dollar an Jysan. Aus diesen Gründen streiten sich die kasachischen Behörden über diese Ressourcen. Die Frage ist: Wo werden die Streitigkeiten ausgetragen, welches Recht wird angewandt und mit welchen Instrumenten und Mitteln wird gekämpft. Denn das Recht auf dem Papier ist eine bloße Erklärung, die erst durch Macht und Entschlossenheit zu einem Recht wird.
Die Geschichte mit der Bank ist nur eine Episode in einer großen Kampagne zur Rückführung von Geldern und Aktivitäten, die die kasachischen Behörden fortsetzen wollen. Korruption und soziale Ungerechtigkeit untergraben seit langem die Grundlagen des Landes, zerstören das Vertrauen der Bevölkerung in die Institutionen, schaffen ungleiche Bedingungen für die Geschäftstätigkeit und führen zu wirtschaftlichen Problemen. Wie die kasachischen Behörden zu Recht erwarten, werden die Rückgabe illegal abgehobener Gelder und die Bekämpfung der Korruption auf allen Ebenen es dem Land ermöglichen, sein internationales Image zu verbessern, neue ausländische Investitionen anzuziehen und die wirtschaftliche Stabilität zu erhöhen in einer Welt vollen politischen, wirtschaftlichen und finanziellen Turbulenzen.
Im Kontext der Veränderungen in der Welt ist es jedoch auch wichtig zu erkennen, dass es in dieser Geschichte nicht nur um das Geld geht. Präsident Tokajews Kampf um die Rückgabe des gestohlenen Reichtums des Landes ist Ausdruck eines mutigen politischen Willens und ein externes und internes Signal an kasachische Oligarchen, einheimische Geschäftsleute und internationale Partner und Nachbarn, insbesondere Russland und China. Tokajew will beweisen, dass er sich aufrichtig für den Kampf gegen die Korruption einsetzt, offen und transparent ist und dass er soziale Gerechtigkeit über persönliche Interessen stellt, denn ohne die Kooperation der erwähnten Nachbarn werden ihm nur Augen zum Weinen bleiben.
Deshalb wünsche ich den Völkern Kasachstans an ihrem Feiertag des Neuen Lichts – Nauryz, dass das neue System der Beziehungen zwischen der Regierung und den Bürgern unter dem Namen Neukasachstan nicht nur eine Erklärung auf dem Papier bleibt, sondern für viele andere zur Zeit der Geburt eines neuen Systems und neuer Möglichkeiten Realität und ein Beispiel für einen wohlhabenden Staat wird. Zustimmung ist nicht nötig. 19/20.3.2023
Jan Campbell ist deutscher Staatsbürger tschechischer Nationalität, ein Analytiker. Er wurde 1946 geboren. Bis November 2014 leitete er Campbell Concept UG Bonn und arbeitete als Assistenzprofessor an der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Prag. Bis zu der Pandemie arbeitete er zudem als Gast an ausländischen Universitäten, Anfang der 1990er Jahre leitete unter anderem das EU-Koordinierungsbüro für das TACIS-Programm und war als Berater der EU bei zwei Ministerpräsidenten der Kirgisischen Republik tätig. Er arbeitete auch in einer Reihe weiterer Länder, darunter in Großbritannien, Italien, der Schweiz, Malaysia, der UdSSR, Kirgisistan, Kasachstan, Rußland, der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. In Rußland erhielt er den Ehrentitel eines Professors an der Ural State Agrarian University. In der Slowakei gewann er 2014 den Goldenen Biatec Award für „Völlig neue Perspektiven auf vergangene und gegenwärtige Ereignisse in in – und ausländischen Medien, insbesondere aber in seiner beruflichen Praxis in einer Reihe von internationalen und nationalen öffentlichen und privaten Organisationen.