In Zentralasien wächst das Interesse an der Kernenergie, die für viele Länder der Region zu einer nachhaltigen und zuverlässigen Energiequelle werden kann. In Usbekistan haben die Vorbereitungen für den Bau des ersten Atomkraftwerks bereits begonnen. Zugleich das kasachische Energieministerium hat einen Vorschlag für eine mögliche Wiederaufnahme der Kernenergie vorgelegt, um die Abhängigkeit des Landes von fossilen Brennstoffen zu verringern, die Stärkung der Energiesicherheit in der Region, sowie die Verringerung der Treibhausgasemissionen zu gewährleisten. Die Umsetzung von Maßnahmen zur Wiederaufnahme oder Weiterentwicklung von Kernenergieprogrammen erfordert jedoch einen soliden und festen Rechtsrahmen.
Auch deshalb, und um die Sicherheit von Nuklearanlagen und -materialien zu gewährleisten, unterstützt die IAEO die Länder bei der Schaffung der notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen. Somit soll der friedliche Nutzen der Nukleartechnologie maximiert werden.
Kasachstan kooperiert seit vielen Jahren mit der IAEO, unter anderem als Gastland der IAEO-Bank für niedrig angereichertes Uran.
Derzeit befindet sich Usbekistan in der aktiven Phase der Vorbereitung eines Großprojekts, das mit der Beteiligung des russischen Staatskonzerns Rosatom realisiert werden soll. Der Bau des Atomkraftwerks soll in der Nähe des Tuzkan-Sees, einer Oase in der Wüste Kyzylkum, durchgeführt werden.
Der See ist einer von drei Seen mit Brackwasser, die Teil eines künstlich angelegten Systems von drei Seen (Ajdarku, Arnasaj und Tuzkan), mit einer Gesamtfläche von 4000 km² sind. Das gesamte Seensystem ist 250 km lang und 15 km breit. Die Wasseroberfläche des Ajdarkul-Sees und des Tuzkan-Sees erstreckt sich über 180 km von Ost nach West, und die angeschlossene Spitze der Arnassai-Seen erstreckt sich über 70 km von Norden nach Süden. Das Seensystem wird unter anderem aus den Stauseen Shardara und Syr Darya gespeist und produzierte zwischen 1994 und 2001 zwischen 760 und 2 000 Tonnen Fisch pro Jahr. Viele Wasservögel, die aus dem Aralsee eingewandert sind, haben hier ihr Zuhause gefunden.
Gleichzeitig fordert die IAEO die usbekische Regierung auf, eine umfassende Bewertung der Umweltrisiken der Auswirkungen des Projektes auf die usbekische Oase Tuzkan durchzuführen, zumal das Konzept für die Entwicklung der Kernenergie in Usbekistan für die Jahre 2019-2029 sieht den Bau eines Kernkraftwerks vor.
Das Atomkraftwerk soll auf Kosten des Staatshaushalts von Usbekistan mit einem staatlichen Darlehen aus Russland gebaut werden.Russische Beamte, insbesondere der russische Botschafter in Taschkent, Oleg Malginov, betonten, dass Rosatom und somit Russland selbst entschlossen sind, Usbekistan die höchste Qualität, neue Technologien und ein hohes Maß an Sicherheit anzubieten und zu gewährleisten. Dies wird angeboten vor dem Hintergrund des wachsenden Interesses verschiedener Länder am Bau von Kernkraftwerken, nicht nur in Usbekistan.
Gleichzeitig warnen einige Experten und politische Gegner des Projektes vor den Gefahren einer Unterschätzung der Risiken dieses Projekts, die zu irreversiblen Umweltschäden in der gesamten Region führen könnten. Warum?
Die geplante Baustelle des Atomkraftwerks am Tuzkan-See ist nur 40 km von der Region Turkestan entfernt, der am dichtesten besiedelten Region Kasachstans. In der Nähe von Tuzkan, auf dem Territorium Kasachstans, befindet sich der Shardara-Stausee, eine Trinkwasserquelle von strategischer Bedeutung.
Es liegt am grenzüberschreitenden Fluss Syr Darja, der durch Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan und Kasachstan fließt und in den Aralsee mündet. Wenn in einem Kernkraftwerk plötzlich etwas Unvorhergesehenes passieren würde, wird niemand denken, ob es alles ist.
Darüber hinaus befindet sich das Rosatom-Projekt in einer erdbebengefährdeten Region, die in den letzten zehn Jahren 230 Erdbeben der Stärke 4 oder höher in einem Umkreis von 186 Meilen (ca. 299 km) erlebt hat (durchschnittlich etwa ein Erdbeben alle 15 Tage).
Ein wichtiger Faktor ist auch die Tatsache, dass der Betrieb eines Atomkraftwerks die Nutzung großer Mengen an Wasserressourcen erfordert, was im Zusammenhang mit der Wasserknappheit und den Problemen in Zentralasien dieses Problem nur noch verschärfen würde. Hinzu kommt, dass die verfügbare Wassermenge im Tuzkan-See möglicherweise nicht ausreicht, um die Kernreaktoren zu kühlen. Für den Autor des Artikels ist es beunruhigend, dass für den Bau des Atomkraftwerks immer noch keine öffentlich zugängliche Wasserberechnung für die Kühlung vorliegt. Mit anderen Worten: Es ist nicht ganz klar, ob das Wasser für die Kühlung überhaupt ausreichen wird.
Eine alternative Lösung für die Frage der kompetenten und verantwortlichen Umsetzung der Einführung der Kernenergie sind kleine Reaktoren, die eine geringe Menge Wasser verbrauchen, eine gute Erdbebensicherheit und hohe Sicherheit und oft niedrigere Betriebskosten aufweisen.
Solche Ansätze verfolgt das bekannte südkoreanische Unternehmen Hyundai Engineering Co., das der usbekischen Regierung die Möglichkeit bietet, ein Klein-Kernkraftwerk mit einem integrierten modularen fortschrittlichen Reaktor (SMART) zu bauen.
Das Projekt steht jedoch derzeit vor Herausforderungen im Zusammenhang mit einer schwachen öffentlichen Aufsicht, ineffektiver Kommunikation und der mangelnden Bereitschaft der usbekischen Behörden, sich aktiv mit den Bürgern auseinanderzusetzen, zumal nicht gesichert ist, dass das Wasser für die Kühlung überhaupt ausreichen wird.
Hinzu kommt ein starker Einfluss der russischen Atomlobby im Land und in der gesamten Region. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Gegner des Baus eines Atomkraftwerks und vor allem Lobbyisten unter anderem das Argument verwenden, dass Russland über Rosatom seine geopolitischen Ziele oft über Sicherheitsfragen und mögliche Risiken stellt, obwohl es für solche Behauptungen keine faktischen Beweise gibt.
Es ist aber sicher, dass der Bau eines Atomkraftwerks in Usbekistan die Politik und das Handeln anderer Länder der zentralasiatischen Region im Bereich der Entwicklung der Kernenergie beeinflussen wird. Die Tatsache, dass Rosatom gleichzeitig als wichtiger Akteur bei den Bauprojekten von Atomkraftwerken in der Welt ist, kann in der zentralasiatischen Region und erst recht in Kasachstan nicht ignoriert werden. Zustimmung nicht nötig.
Jan Campbell ist deutscher Staatsbürger tschechischer Nationalität, ein Analytiker. Er wurde 1946 geboren. Bis November 2014 leitete er Campbell Concept UG Bonn und arbeitete als Assistenzprofessor an der Fakultät für Betriebswirtschaftslehre der Wirtschaftsuniversität Prag. Bis zu der Pandemie arbeitete er zudem als Gast an ausländischen Universitäten, Anfang der 1990er Jahre leitete unter anderem das EU-Koordinierungsbüro für das TACIS-Programm und war als Berater der EU bei zwei Ministerpräsidenten der Kirgisischen Republik tätig. Er arbeitete auch in einer Reihe weiterer Länder, darunter in Großbritannien, Italien, der Schweiz, Malaysia, der UdSSR, Kirgisistan, Kasachstan, Rußland, der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland. In Rußland erhielt er den Ehrentitel eines Professors an der Ural State Agrarian University. In der Slowakei gewann er 2014 den Goldenen Biatec Award für „Völlig neue Perspektiven auf vergangene und gegenwärtige Ereignisse in in – und ausländischen Medien, insbesondere aber in seiner beruflichen Praxis in einer Reihe von internationalen und nationalen öffentlichen und privaten Organisationen.